Immer wieder Köln

Beim Blick aus dem Fenster, sehe ich ein Blatt, welches an einem nicht sichtbaren Spinnenfaden hängt und wie ein Damokles Schwert so 2 Zentimeter übern Boden hängt. Die Spitze des Blattes nach unten gerichtet. Es dreht sich mit dem leichten Wind hin und her.

Der Herbst kommt in großen Schritten und die Straßen sind wieder voll. 

 

Gestern war ich mit Begleitung in Köln unterwegs. Ja – das x-te Mal schon. Aber immer wieder neu. Es sollte regnen – also warteten wir darauf – gingen aber unserer Wege bis dahin. Laura – meine Tochter, hörte ich gestern Morgen telefonieren. Die Frage, ob man den Pferden die Regendecken anzieht oder nicht, stand im Raum. Ich  dachte dass es doch Tiere seien. Aufgrund dessen – hörte ich auch die ganze Wetter Prognose für den laufenden Tag, wann und wieviel Prozent der Regenwahrscheinlichkeit zu welcher Uhrzeit.

 

Meine Begleitung freute sich mit den Worten: "Geil – dann brauche ich jetzt nicht in meine Wetter App schauen. Ich kenne jetzt den ganzen Verlauf des Tages"

 

Ich liebe es, bei Regen durch die Straßen Kölns zu laufen. Es ist wie eine immer wieder neue Bühne des Lebens. Der Himmel zeigte sich wie eine Diashow. Stets veränderte er sich in hellen oder dunklen Abschnitten. Regen in der Ferne, ließ die Stadt wie im Nebel eintauchen. Möwen und Halsbandsittiche (längst echte Kölner geworden), drehen Ihre Kreise. Ich vermisse die Tauben. Es ist, als wenn die Sittiche die Tauben verdrängt haben.

 

Die Liebesschlösser auf der Hohenzollernbrücke, sind so viele geworden, dass sie nur noch in Trauben dort hängen. Am Ende der Brücke hat man neue Gelegenheiten gefunden, diesen Hype weiterzuführen. Damals – am Anfang, als die ersten Schlösser dort aufgehängt wurden, fand ich es total romantisch. Nur mittlerweile mache ich mir echt Sorgen, wo das noch hinführen soll. Wieviel Tonnen Liebe und meist vielleicht auch schon zerbrochene Herzen, dort als Metall Gewicht hängen.

Die Brücke ist leer – kaum Menschen unterwegs. Der Dom spiegelt sich im Boden wieder. Meine Wahl der weißen Sneakers für den Regentag, war eindeutig eine Fehlentscheidung.

 

Meine Begleitung fotografiert, was das Zeug herhält. Ich hingegen laufe in langsamen Schritten weiter Richtung Dom und denke mir dabei, dass jeder weitere Schritt, ein Schritt weniger bedeutet. Ein Schritt weniger in Richtung aufwärmen. Mir ist saukalt - meine Zehen nass. Mein Tele an der Kamera auch – also nass. Ich denke an Pilz und Schimmel Bildung in Objektiven. Manch einer hatte da schon seine Probleme. Das kriegt man nie wieder raus. Also lasse ich das Tele voll ausgefahren – egal ob ich nun was fotografiere oder nicht.

Ich muss nicht alles fotografieren. Ich lasse mich und meine Gedanken treiben. Inspiriert von dem was ich sehe. Drücke intuitiv auf den Auslöser und bin meist Glücklich dabei. Egal ob mir kalt ist oder ich nass bin.

 

Ich liebe Köln und seine Geschichte. Und wenn ich durch die Altstadt laufe, stelle ich mir meist vor, wie es wohl gewesen sein muss, als die Römer hier waren. Köln ist ein Eldorado für Ausgrabungen dieser Art. Genauso findet man oft Kriegs Bomben. Ich habe, die in Jahrelanger Arbeit restaurierte Filmereihe von Hermann Rheindorf, für mich entdeckt. Kann ich nur wärmsten weiter empfehlen! Filme, wie Köln vor dem Krieg aussah, währenddessen und danach im Aufbau.

 

Köln war 1945 so dermaßen zerbombt, dass die Kölner ihre Stadt nicht wieder aufbauen wollten. Aus fast 750.000 Menschen waren nur noch 40.000 übrig geblieben. Als ich die Dokumentation darüber sah, war ich fassungslos, wie kaputt diese Stadt war. Natürlich weiß man, dass es Köln schwer getroffen hatte. Aber man hat da irgendwie eigene Bilder im Kopf. So eine filmische Doku, zeigt doch deutlich mehr das Ausmaß auf, als das was man so an Bildern bis jetzt gesehen hatte. Ich kann verstehen, welch Depressionen und Kapitulationen in den Menschen waren. Letztendlich haben die Amerikaner, den Kölnern den Mut wieder gegeben.

 

Während ich an dem Geschichtsträchtigen Platz (die letzte große Panzerschlacht) vor dem Dom Richtung Altstadt weiterlaufe, höre ich Martinshörner und sehe Blaulicht. Ein Aufgebot an Feuerwehr Einsatzwagen, stehen vor einem bekannten Kölner Lokal. Menschentrauben stehen in unmittelbarer Nähe davor. Ein Sirenenton, der mit jedweder Frequenz, das Hören schädigt, untermalt die ganze Szenerie noch.

Mir ist immer noch kalt, wir laufen Richtung Deutzer Brücke. Der Himmel hat seine Farbe in einem feurigen Pink gewechselt. Man hört die Halsbandsittiche, wie sie in Schwärmen ihrem Nachtplatz anfliegen. Ein Spektakel, das viele Menschen ihre Handys rausholen lässt um dies im Bild festzuhalten.

 

Das sind meist die Momente, wo man für sich alleine mit seiner Kamera ist. Ich tauche ein, in eine Welt, als wenn mich mein Sehen, in einem Raum führt, der wie ein Vakuum alles abdichtet und mich nur noch den fokussierten Augenblick spüren lässt.

Wie hypnotisiert versuche ich die Schönheit des Sonnen Unterganges über den Rhein festzuhalten. Nur wenige Minuten dauert es, dann hat sich das feurige Pink in ein grau blau verwandelt. Willkommen in der blauen Stunde J

Meine4 Begleitung liegt weit hinter mir. Er scheint in seinem Vakuum zu hängen. Ich drehe die Iso Zahl auf Anschlag und rüste mich somit für die „Köln bei Nacht“ Aufnahmen.

 

Mir ist immer noch kalt und ich denke wieder, dass jeder Schritt ein Schritt weniger Richtung Auto ist. Letztendlich brauchen wir für ca. 500 Meter, eine halbe Stunde. Meine Begleitung ist in seinem Flow. Er geht jeweils drei Schritte um dann wieder stehen zu bleiben. Ich warte und experimentiere mit einer beleuchteten Treppe. Warte das Passanten dort als Schatten vorbeilaufen.

So ist das beim Fotografieren. Es ist wie Angeln. Man braucht Zeit und Ruhe dabei. Wie ein Essen mit viel Liebe gekocht. Letztendlich findet auch Mein Begleitung aus seinem Vakuum raus und wir sind am Auto angekommen. Den Popotoaster an mit relax Musik in den Ohren, rolle ich Glücklich nach Hause, mit wunderbaren neuen Impressionen aus Köln.

 

Wir haben Montag, ich schau etwas Müde aus dem Fenster. Immer noch hängt das Blatt dort - mittlerweile von der Sonne angeleuchtet.

 

Es dreht sich um seine eigene Achse - es scheint zu tanzen wie eine Ballerina - Im Herbstkleid J