Fluch und Segen der Dating Portale
Ich ziehe doch nicht nach Bonn“, hörte ich durch das Telefon.„
Ich glaube, wir sprechen nicht die gleiche Sprache“ – kam direkt hinterher.
Weiter sagte er: „ Ich bin sehr sensibel, ich kann auf mein Bauchgefühl hören“
Es war unser erstes Telefonat. Und auch das Letzte. Hatten vorher zwei Male miteinander geschrieben.
Mr.“Ich zieh doch nicht nach Bonn“, hatte gedanklich schon unsere ganze imaginäre Beziehung durchlebt und trennte sich, im selben Moment wieder von mir.
Ein wenig musste ich grinsen :-)
Ich war knapp ein Jahr auf einer Kontaktplattform unterwegs. Drei Jahre Single. Ich wurde wegen einer Anderen verlassen.
Ewig lockt das Weib mit ihrem Sexappeal. Wobei sich dann später herausstellte, dass gar nichts lockte, außer nur blödem Gequatsche, welches nicht in die Tat umgesetzt werden konnte. Nun ja –
jeder das, was er verdient (smile).
Verkaufen kann man viel.
Jetzt steht man vor seinen eigenen Ansprüchen (nicht meinen – sondern dem da oben) und schaut dumm aus der Wäsche, weil Vorstellungen, nichts mit der Realität zu tun haben.
Und da sind wir auch schon beim Casus knacksus.
Seit meiner 1 Jährigen Suche im Netz, war ich auf jede Menge Kuriositäten gestoßen.
Von „Hallo wie geht’s“ über, schau mir doch mal dabei zu – oder etwas originelleren Anschreiben und Serienbriefen – war alles dabei. Ein bunter Blumenstrauß von Bequemlichkeitsliebhabern
bis hin zu kreativen von Motivation getriebenen, jetzt will ich es wissen, Typen.
Fotos, denen man ansieht, wie jung sie mal waren bis hin zu unvorteilhaften Selfies, mit blöd guck Blick. Oder noch schlimmer , Duck Face (ja auch bei Männern gibt es das). Mützenträger,
die Ihre wenigen Haare verdecken. Brillenträger, die cool wirken wollen. Ich sah sogar mal ein Bild, wo sich jemand im Wohnzimmer auf der Couch sitzend mit Sonnenbrille zeigte. Im Hintergrund sah
man die gute Deutsche Eiche als Wohnzimmer Schrank.
Diese Plattformen sind ein Fluch und Segen zugleich. Längst in Mode gekommen, haben diese Seiten nichts mehr mit dem gemein, welche damals in der Gesellschaft eher einer Randgruppe
angehörte.
Schon damals als 20 Jährige nutze ich Kontaktbörsen. Allerdings über eine Kölner Studentenzeitung.
Ich suchte Foto Kontakte und allgemeine Freundschaften. Hatte damit auch sehr gute Erfahrungen gemacht. Man bekam noch Briefe nach Hause geschickt :-)
Vor ungefähr 15 Jahren ging ich online. Ein online Portal um sich das Rauchen abzugewöhnen. Zwar keine Kuppelbörse – aber auch dort habe ich Freundschaften gewonnen. Gegen 2007 gab es dann WKW
und Co.
Mein damaliger Ehemann (wir verstanden uns nicht mehr und waren kurz vor der Trennung), suchte auch genau dort, über diese Seite, nach einer Frau. In seinem Profil war zu lesen, dass er des
Nachts auch gerne mal Salsa tanzen würde.
Zu Hause tanzte er Nachts mit seinem Gaumensegel Salsa und knipste seinen Charme wie eine Nachttischlampe aus.
Soweit zur eigenen Selbsteinschätzung!
Was ich damit sagen will, ist - Schon längst scheint es eine sehr verlockende und einfache Art zu sein, um einen Partner zu finden. Wenn man draußen – an der Bar oder sonst irgendwo jemanden
begegnet. Woher weiß man, ob er ebenfalls suchend ist? In meinem Alter gehört man nicht mehr zu jenen, die an der Bar stehen, um jemanden kennen zu lernen. Die außer Haus Aktivitäten – sind
andere geworden. Ich bin Ü 50, wo man schon das Kinderkriegen – sowie Heirat mit der passenden krönenden Scheidung, hinter sich hat.
Ein Neuzeit Phänomen, welches viele mit mir teilen.
Angebot und Nachfrage sind groß. Alles wird neu gemischt (Bäumchen Wechsel dich). Die Chancen müssten gut stehen, auch jemanden zu finden.
Aus diesem Überangebot, an Möglichkeiten. Der dazugehörigen Bequemlichkeit, von zu Hause wie in einem Katalog rumzublättern. Beim nächsten Klick wartet vielleicht, schon der Traumpartner – ergibt
sich die Schwierigkeit, dass es zu Oberflächlich und der Mensch an sich, zu einer Ware wird, die schnell beiseite geklickt werden kann.
Die Ansprüche steigen, weil man weiß, was man nicht mehr will.
Wir geben uns Lebenserfahren. Mit der Botschaft versehen, dass wir es eigentlich nicht nötig hätten. Aber man kann ja mal gucken, was sich so bietet.
Da schreiben Verbaldesigner, einen Serienbrief, den sie dann auch zum zweiten Mal verschicken, weil sie vergessen haben, wem sie denn nun alles angeschrieben haben.
Wobei ich bei einem Verbaldesigner erwarten würde, dass er sich jedes Mal wieder neu erfindet.
Oder man schreibt und chattet ausgiebig. Will sich treffen, um am Treff Tag, gesagt zu bekommen, dass man zu weit auseinander wohnt. Das Treffen somit kurzerhand storniert wird.
Mein Haus – mein Auto – mein Boot, mit der Einladung, ihn zu Hause doch am selben Tag des Kennenlernens, zu besuchen –so eben mal nach Feierabend 300 km fahren – das macht doch
nichts.
Um am selben Tag, noch gesperrt und beschimpft zu werden, man wäre auch nicht besser als andere Frauen. Verlogen, weil man nicht eben mal nach Feierabend zu ihm düst. Dazu noch die Frechheit
besitzen würde, auf dem online Portal, online zu sein, obwohl man ja den Traumtypen an der Angel hatte (Haus, Boot, Auto) oder war es anders herum?
Ach egal!
Durchaus hatte ich auch positive Kontakte – das will an dieser Stelle erwähnt sein
Aber - es raubt Energie. Man wird lethargisch. Legt ein Benehmen an den Tag – der dem reinen Selbstschutz dient. Man ignoriert. Antwortet erst Tage später auf Nachrichten oder schreibt gar nicht
mehr.
Erste Zweifel legen sich langsam aber dennoch wie ein dunkles Gewand über die Suchaktion nach einem Partner.
Der anfänglichen Euphorie – gepaart mit dem Vorhaben – in Empathie und Anstand, dem Menschen zu begegnen, löst sich immer mehr in Wohlgefallen auf, wird abgelöst von
Gleichgültigkeit.
Was passiert da mit uns? Es gibt keine Erfahrungswerte aus der Vergangenheit. Unsere Generation betritt ganz neue Pfade.
Im Allgemeinen liest man, von der aufkommenden Unzufriedenheit der Singles. Das Problem, der Dating Plattformen.
TV Sender, warten mit einem Neuen Format auf. Da wird man, ohne dass man den anderen kennt, aufgrund Wissenschaftlicher Erkenntnisse zusammengeführt, und fremd verheiratet.
Neugierig wie ich nun mal bin, habe ich mir das Format natürlich angesehen und finde es ziemlich spannend! Nach der ersten Staffel braucht man die zweite gar nicht gucken.
Hier werden die Bewerber einer gründlichen Psychologischen Analyse unterworfen. Wer keine eigene Stabilität mitbringt, nicht mit sich selbst im Reinen ist, der wird an dem Projekt nicht teilnehme
können.
Ferner werden, nur halt viel intensiver, zig Persönlichkeitsmerkmale, Vorlieben und Lebensstandart gefiltert. Hinzu kommen Tests, wie die Schnüffelproben an getragenen T Shirts der
Probanden.
Die Tatsache, dass die Teilnehmer, sich auf ein solches Projekt einlassen, zeigt auch, dass sie mit aller Ernsthaftigkeit, wollen, dass es gelingt! Sie arbeiten daran!
Zumal Ihnen durch den wissenschaftlichen Kram, auch eine Emotionale Sicherheit gegeben wird, genau den Richtigen Partner vor sich zu haben!
Und in den letzten zwei Punkten, unterscheidet sich das TV Format von den Dating Plattformen.
In allen anderen Punkten, läuft es parallel. Ohne eine ausgeglichene Psyche, wird man immer wieder an den Punkt gelangen, wo eine Beziehung nicht funktionieren wird. Zudem müssten die Dating
Plattformen viel mehr Filter aufweisen!
Meine ganz eigene Bilanz dazu ist:
Auch das TV lehrt uns, dass die Wissenschaft kein Garant, für eine funktionierende Beziehung ist. Nur ein Pärchen hatte es geschafft, zusammen zu bleiben.
Ausstrahlung, Charme, die Art jemanden anzuschauen und viele Dinge mehr, sind es, die die Liebe braucht, um zu erblühen!
So viel Singles – die meisten davon mit dem Wunsch, mit jemand gemeinsam durch das Leben gehen zu können. Auf der Suche – nach Dem Richtigen Partner!
Es klingt so leicht, lebt sich aber schwer!
Weil wir uns selbst im Wege stehen, blockieren – unsere Erwartungen zu hoch schrauben und zu schnell den Menschen fallen lassen.
Ich selbst hatte mich über so eine Dating Plattform verliebt.
Er war äußerlich eigentlich nicht mein Typ. Er überzeugte allein durch seine Art, Charme und vielen anderen Tausend Kleinigkeiten.
Seitdem weiß ich, dass es passieren kann. Vertraue meinem Gefühl. Riskiere auch mal einen zweiten Blick.
Und wenn es auf beiden Seiten Bäm macht – dann haltet es fest!
Aber solange ich, Mr. "Ich zieh doch nicht nach Bonn“, Verbaldesigner – oder mein Haus –Auto – Boot und „ schau mir dabei zu“, dort begegne, lümmel ich mich lieber Chips essend mit dicken
Wollsocken auf meiner Couch rum, und schau mir was fürs Herz an – als Film - oder mache andere schöne Sachen :-)
Aber dennoch bleibe ich eine Romantikerin – mit dem Glauben an die Liebe!
Hach…:-)

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Susanne jeroma (Sonntag, 17 November 2019 14:48)
Ein ganz wunderbarer Artikel, der trotz des Humors so viel Wahres erzählt.
Die meisten haben dies schon erlebt. Wenn man sich gerade in dieser Phase befindet, kann es sehr verletzen. Aber im Nachhinein sind diese Erlebnisse immer wieder für Döntjes gut. Ich habe jedenfalls lachen und schmunzeln müssen. :-)
A. aus Bad Homburg (Sonntag, 17 November 2019 15:24)
Jaaahahaha, kennt Frau. Nichtsdestotrotz habe ich meinen Lebensgefährten vor 16 Jahren genau so gefunden, heiraten will ich nicht, denn ich will nicht geschieden werden und er, nicht zum 3. x ;)
Es kracht öfter mal und es wird auch schonmal mit Trennung gedroht ... aber wenn ich das von dir perfekt und überaus treffend Verfasste hier lese, dann weiß ich wieder einmal was ich an ihm habe und er an mir *höhöhö
Btw du solltest Schriftstellerin werden!
Frank Rau (Montag, 18 November 2019 11:48)
Hach wie schöööööööööön ;-)
Edina (Freitag, 30 Juli 2021 06:34)
Wirklich passend �